Wildpflanzenlehrgang: Boden, Wasser und der Klimawandel

Am Freitag, den 29. November 2019, fand eine Wildpflanzenschulung mit Ingeborg Bernt und Anne Morlok-Klink statt. Mit freundlicher Genehmigung der beiden Referentinnen können wir die Inhalte dieser Schulung an dieser Stelle für Sie veröffentlichen.

Die Wechselwirkung von Klima und Boden

Mitentscheidend für unser Klima sind Wasser und Boden. Eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes ist dringend notwendig, um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Der Boden spielt hier eine wichtige Rolle. Denn einerseits wirken sich das Klima und Veränderungen im Klima stark auf den Boden aus, andererseits hat er selbst einen großen Einfluss auf das Klima.

Böden sind gigantische CO2-Speicher. Sie beeinflussen die Kohlenstoffbilanz wesentlich und sind somit direkt klimawirksam. Böden enthalten eine enorme Menge organisch gebundenen Kohlenstoff und bilden so den größten Anteil der Kohlenstoffvorräte terrestrischer Ökosysteme. Boden hat dadurch eine große Bedeutung in Hinblick auf das weltweite Klima.

Kohlenstoff wird über Photosynthese in Form von CO2 von den Pflanzen aufgenommen. Abgestorbene Pflanzenreste gelangen als organische Substanzen in Form von Streu, Ernterückständen, Wurzelresten und Wurzelexsudaten (Ausscheidungen der Wurzeln) in den Boden. Nun finden zwei wichtige, in Bezug auf den Kohlenstoffkreislauf einander entgegengesetzte Prozesse statt, bei denen die Bodenorganismen eine wesentliche Rolle spielen.

Bei der Mineralisierung wird die organische Substanz in ihre anorganischen Endprodukte (CO2, H2O, NH4, NO3, P, S, Ca, Mg, Fe) zerlegt. Bei diesem Prozess wird CO2 frei und gelangt wieder in die Atmosphäre. Bei der Humifizierung werden aus organischer Substanz und ihren Abbauprodukten Huminstoffe aufgebaut und der Kohlenstoff somit im Boden gebunden. Je stabiler diese Huminstoffe sind, umso fester und länger bleibt der Kohlenstoff als organische Bodensubstanz gebunden.

Es ist besonders wichtig, dass das Gleichgewicht der CO2-Abgabe und CO2-Aufnahme erhalten bleibt. Die CO2-Aufnahme durch den Boden muss demnach gefördert werden, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts der Böden ist also ein wichtiger Aspekt des Klimaschutzes.

Wie wirken sich das Klima und Veränderungen im Klima auf den Boden aus?

Das Klima ist neben anderen Faktoren wie dem Ausgangsmaterial bzw. dem Gestein, aus welchem der Boden gebildet wird, dem Relief und dem Einfluss von Wasser, Pflanzen, Tieren und Menschen entscheidend dafür, wie sich ein Boden ausbildet. Es ist offensichtlich, dass Änderungen im Klima Auswirkungen auf den Boden haben.

Da der Boden ein sehr komplexes System ist, bei dem die Einflüsse der vielen unterschiedlichen Faktoren einander entweder verstärken oder aufheben können, ist eine Abschätzung des Einflusses einer Klimaänderung nur sehr schwer möglich.

Böden speichern viel Kohlenstoff (Quelle: Bodenatlas 2015)

Downloaden Sie hier den aktuellen Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung.

Nachgewiesen ist aber, dass höhere Temperaturen die Mineralisation verstärken und daher zu einer Abnahme der organischen Substanz im Boden führen (und somit auch des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs) – allerdings nur, wenn die Feuchtigkeitsverhältnisse gleichbleiben. Im Zuge des Klimawandels ist aber auch je nach Region vermehrt mit Trockenperioden zu rechnen, welche den Humusabbau verzögern. Gleiches gilt, wenn bei geringer Schneelage Böden durchfrieren. Das bedeutet, dass in diesen speziellen Fällen trotz einer Temperaturerhöhung weniger CO2 freigesetzt wird.

Auf Ackerböden können besonders zu den Zeiten, in denen der Boden nicht oder nur mit zarten, kleinen Pflanzen nach der Saat bedeckt ist, Erosion durch Wasser und Wind zunehmen. In Zukunft wird daher ein gutes Management von Bodenbewirtschaftung und Bodenpflege immer wichtiger werden. Klimabedingte Probleme könnten durch eine angepasste Bewirtschaftung abgeschwächt oder sogar ausgeglichen werden.

Grünlandböden als Wiesen- und Weideböden sind gegenüber Klimaveränderungen in der Regel widerstandsfähiger als Ackerböden, wobei auch hier eine klimabedingte Reduktion des Humusgehaltes möglich ist. Steigende Temperaturen führen zu erhöhten CO2-Emissionen aus Waldböden. Bei einer Temperaturerhöhung um 1° C wird ca. zehn Prozent mehr CO2 durch Bodenatmung freigesetzt. Vermehrte Stürme können dazu führen, dass Bäume auf großen Flächen entwurzelt werden. Dies führt zu Humus- bzw. Bodenverlusten durch Erosion, zu einer erhöhten Freisetzung von CO2 aus dem Boden sowie zu einer Verringerung des Wasserrückhaltevermögens der Böden.

Böden haben eine vielfältige Funktion und das Leben darin ist äußerst komplex: In einer Handvoll gesunder Erde leben mehr als sieben Milliarden Bodenorganismen und verwandeln die Pflanzenteile zu wertvollem Humus. Zusammen mit Luft, Quarz und Sand speichern und filtern die Böden zudem das lebenswichtige Wasser.

Der natürliche Neuaufbau von fruchtbarem Boden verläuft äußert langsam. In mittleren Breiten, in denen auch Deutschland liegt, dauert es etwa 100 bis 300 Jahre, bis sich eine Bodenschicht von einem Zentimeter bildet, in anderen Regionen der Welt auch bis zu 1000 Jahre.

Derzeit ist der Zustand der Böden weltweit äußerst schlecht. Humus geht verloren, die Fruchtbarkeit des Bodens sinkt und der gebundene Kohlenstoff wird zunehmend zum Klimagas CO2.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) sind in den vergangenen 25 Jahren etwa 24 Prozent der weltweiten Landoberfläche degradiert und nach Angaben der Vereinten Nationen geht der Verlust von Ackerland heute 30 bis 35 mal schneller vonstatten als in der Vergangenheit.

Auswirkungen auf unsere Gemeinde und Forderungen an die Umweltpolitik des Gemeinderates

Deshalb ist es auch für die Gemeinde Weissach wichtig, die Wasserläufe zu kennen. Der Strudelbach entspringt auf Flachter Gemarkung. Er ist ein Sickergewässer. Bei Regen versickert das Wasser im offenen Boden und speist den Bach an der tiefsten Stelle des Tales. Dieser Bach ist wichtig für die Fauna und Flora – im Bach selbst sowie an den Bachufern.

Durch Oberflächenversiegelungen gelangt weniger Wasser in den Bach. Das hat Auswirkungen auf die Wassermenge und die Wassergüte. Zudem läuft der Überlauf des Kanals in den Bach. Zukünftige Starkregenereignisse können nicht aufgenommen werden. Das Wasser wird ungeklärt an den Bach weitergegeben.

Die einmalige in und um Weissach heimische Salamanderpopulation ist von der Wassermenge im Bach abhängig. Trockenfallen des Bachs wirkt sich tödlich auf die Nachkommen aus – ebenso wie eine schlechte Wasserqualität, da die Larven sich von Kleinstlebewesen im Bach ernähren.

Um die Hochwassersituation, die Qualität und Quantität des Bachs zu erhalten, bedarf es eines Wassermonitorings rund um Flacht und Weissach! Dies könnte beispielsweise im Rahmen einer Bachelorarbeit geschehen.

Bei der Innerortbebauung in Weissach und Flacht sollte man vermehrt auf die Bestände an Vögeln und Fledermäusen Rücksicht nehmen. Diese nisteten in Scheunen, Speichern und Schuppen. Durch den kompletten Verschluss von Zugängen in Neubauten, werden diese Tiere aus unserem besiedelten Gebieten vertrieben. Solitär- und Wildbienen lebten und hatten ihren Nachwuchs in Spalten, Mauerritzen und alten Balken. Durch die Neubebauung mit glatten Oberflächen verlieren auch sie ihre Fortpflanzungs- und Lebensräume.

Wir fordern die Gemeinde auf, bei künftigen Neubebauungen Nistmöglichkeiten für heimische Tiere einzuplanen. Das gilt für Fledermäuse, Spatzen, Schwalben, Hausrotschwänzchen, Amseln. Zudem bedarf es eines Nahrungsangebots für die Tiere. Fassaden sollen eine insektenfreundliche Außengestaltung vorweisen und Grünflächen mit heimischer Flora bestückt werden, sodass auch dort eine Heimat für bedrohte Insektenarten entstehen kann. Sauberes Wasser und offener Boden muss für Vögel, Fledermäuse und Insekten erreichbar sein.

Durch diese Maßnahmen können wir als Gemeinde dazu beitragen, unsere bedrohte heimische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen und zu erhalten.