Rückblick auf den Vortrag „Alte Häuser – Neue Zuhause“

Ein anderer Blick auf unser Bauerbe

Am 29. April 2022 folgten knapp 40 Besucherinnen und Besucher unserer Einladung, die Sicht des angehenden Steinmetz-Meisters Andreas Mann zum Thema Bauen, Kulturerbe und Einsatz von natürlichen Materialien kennenzulernen.

Passend zum Thema durften wir in den Hof der Pfarrgasse 10 in Weissach einladen, laut Susanne Herrmann “das schönste Haus in Weissach”. Das Gebäude wurde nach dem großen Brand von Weissach im 18. Jahrhundert gebaut, steht heute unter Denkmalschutz und wurde privat saniert. 

Der in Weissach aufgewachsene Andreas Mann schilderte mit einem natürlichen Esprit seine Sichtweise und Erfahrungen, die er im Rahmen seiner vierjährigen Walz durch verschiedene Länder sammeln konnte.  

Dabei hat er insbesondere alte Häuser und ökologische Baustoffe für sich entdeckt und engagiert sich auch in Projekten, in denen natürliche Baustoffe verwendet und alte Bausubstanzen wiederentdeckt werden. 

Ein Highlight der Veranstaltung war sicherlich auch der unterhaltsame Videobeitrag von Dieter Wieland mit dem malerischen Titel “Unser Dorf soll hässlich werden” aus dem Jahr 1975. Dieser zeigte den Zuschauern sehr anschaulich, dass damals wie heute Betonklötze und Straßen die Gesichter der einst malerischen Bauerndörfer unwiederbringlich veränderten. Dieser Trend macht auch vor unserer Gemeinde und den umliegenden Kommunen keinen Halt.

Die heutige moderne Betonbauweise von neu erschlossenen Baugebieten (wie das in Serres) ist für Herrn Mann ein Beispiel dafür, wie wir mit sehr hohem Aufwand an Energie und Baumaterialien eine klinische Konformität schaffen, die deutlich weniger einladend ist als die alten, vielseitig nutzbaren Wirtschaftsgebäude. 

Auch im Zuge der Klimakrise rückt der Bausektor mit seinem unvergleichlichen Ressourcenverbrauch immer mehr in Verruf. Da der Abbau und die Weiterverarbeitung von den Beton zugrunde liegenden Sanden nur mit hohem Aufwand zu realisieren ist, ist der Bausektor für knapp 40% des global aufgewandten CO2-Ausstoßes verantwortlich (vgl. spiegel.de). 

Hinzu kommt, dass viele Gebäude bereits nach wenigen Jahrzehnten abgerissen werden und die verwendeten, meist mineralischen Baustoffe nicht getrennt sondern als Sondermüll entsorgt werden müssen.  So kommt der Abfall der Baubranche auf rund 55 % des jährlich aufkommenden Mülls alleine in Deutschland (vgl. Umweltbundesamt). 

Die zum Bau eines Gebäudes benötigte Energie wird unter dem Begriff “Graue Energie” zusammengefasst. Diese beschreibt die benötigte Energie eines Produktes bei Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf bis hin zur Entsorgung (vgl. Wikipedia). 

Die katastrophale Klimabilanz des Bausektors muss daher in den nächsten Jahren radikal auf eine ressourcenschonende und natürliche Wirtschaftsweise umgebaut werden. Ein besonderer Fokus gilt der Sanierung von Bestandsgebäuden mit natürlichen Baustoffen.

Hinzu kommt, dass die deutsche Gesellschaft immer älter wird und immer weniger junge Menschen geboren werden. Viele ältere Menschen wohnen in Gebäuden, die für sie alleine zu groß sind, aber perfekt für junge Familien geeignet wären. Hier muss ebenfalls ein Umdenken stattfinden. Barrierefreier Wohnraum in fußläufiger Entfernung zu den alltäglichen Einkaufsstätten ist dringend notwendig. 

Wir haben im Hinblick auf den im September 2021 in Weissach stattgefundenen Bürgerentscheid bereits mehrmals ausführlich zu diesem Thema berichtet. Hier finden Sie unsere Beiträge.

Abschließend wurde in einer Fragerunde über nachhaltige Baumaterialien sowie begonnene und abgeschlossene Sanierungsprojekte gesprochen. 

Herr Mann befürwortet die Idee, Bürgergenossenschaften zu gründen, um gemeinsam Sanierungsprojekte anzugehen. Wenn sich genügend Interessenten fänden, wäre eine solche Genossenschaft auch in Weissach denkbar. Vergleichbare Projekte gibt es einige, unter anderem auch in Tübingen beim Mietshäusersyndikat

Interessenten sind herzlich dazu eingeladen, mit uns in Kontakt zu treten.